Suche nach Individualismus – Esoterik wird beliebter

Suche nach Individualismus - Esoterik wird beliebter

Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem der Glaube und das Wissen durch die Aufklärung unvereinbar voneinander getrennt wurden. Neben dem positiven wissenschaftlichen Fortschritt hat diese Entwicklung jedoch auch eine Kehrseite: Viele Menschen fühlen ein Unbehagen in dieser verkopften Welt und sehnen sich nach etwas mehr Irrationalität, aber auch Individualismus und Mystik. Der Esoterikmarkt bedient mit seinen vielfältigen Angeboten genau diese Sehnsüchte und macht nicht selten einen großen Reibach mit den Hoffnungen anderer Menschen.

Da werden Heilversprechen und Erlösung geboten und wer nur tief genug in die Tasche greift, kann zum Meister einer jeden esoterischen Disziplin werden. Allein in Deutschland werden jedes Jahr esoterische Bücher im Wert von 500 Millionen Euro umgesetzt. Doch wohin führt diese Bewegung und woher kommt sich in ihren Ursprüngen? Sollten wir diese gesellschaftliche Entwicklung begrüßen oder uns Sorgen machen?

Die Ursprünge der Esoterik

Früher wurde die Esoterik mit dem Ziel betrieben, jene Dinge zu identifizieren, die die Welt im Inneren zusammenhalten. Novalis und Goethe sind hier prominente Verfechter dieser mystischen Gedankenspaziergänge und haben esoterische Themen salonfähig gemacht. In der Vergangenheit zeigten helle Köpfe wie beispielsweise Platon, dass Vernunft und Glaube nebeneinander existieren können und nach seiner Meinung sogar die selbe „Heimat“ haben. Auch der mathematisch brillante Pythagoras glaubte an eine Seelenwanderung.

Bis in die Neuzeit hinein zieht sich dieser charakteristische Doppelboden durch die Köpfe großer Männer und Frauen. Auch Galileo Galilei oder der Physiker Newton waren sowohl Verfechter der trockenen Wissenschaft als auch eines blumigen Glaubens. Für sie war die Esoterik nur eine weitere Perspektive, aus der man versuchen konnte, die Realität zu deuten und zu verstehen. In der heutigen Zeit zielt die Esoterik eher auf den Narzissmus des Einzelnen ab und dient der Erforschung des eigenen Egos. Das Versprechen einer möglichen Selbsterlösung spielt hierbei eine große Rolle, denn Esoteriker empfinden sich in ihrem Wesen stets als äußerst autonom.

Esoterik und Spiritualität in der Gegenwart

Der Theologe Professor Thomas Klie aus Rostock definierte die Spiritualität als einen „Containerbegriff für spätmoderne Religiosität“. Dabei gehe es in der heutigen Esoteriker-Bewegung vor allem um vier grundlegende Merkmale: Die größtmöglich Autonomie und Distanz zu autoritären Institutionen, die Gruppentauglichkeit und gleichzeitige Möglichkeit einer privaten Ausübung, die leibliche Erfahrung und den undogmatischen Charakter. Kurz: Alles kann, nichts muss. Klie beschreibt den spirituellen Glauben als eine Art Cocktail, in den sich der Esoteriker das hineinmischt, was er gerade braucht.

Somit wird die Esoterik zum Schnittpunkt von Spiritualität, Religiosität und Wellness. Jedoch sollte beachtet werden, dass es von der Selbsterfahrung und Selbstoptimierung nicht weit ist bis zum Selbstbetrug. Wenn wir nicht mehr bereit sind, Verantwortung für unsere Mitmenschen zu übernehmen und es nur noch um den eigenen Fortschritt in Richtung Heiligkeit geht, sollten wir spätestens die Notbremse ziehen. Ansonsten wohnt dieser neuen Bewegung eine Menge positiven Potentials inne, welches noch nicht ansatzweise ausgeschöpft wurde.

 

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