Die alten Kulturen – Die Maori
Vor einigen Tagen gab es fast schon einen diplomatischen Eklat: Der Maori-König Tuheitia weigert sich den britischen Royal Prinz William zu empfangen. Die geplanten 90 Minuten seien deutlich zu wenig. Zudem seien der König der Maori und sein Gefolge “keine Karnevalsattraktionen”, die auf Abruf bereit stünden. Neuseeland gehört dem Commonwealth an. Dessen Staatsoberhaupt ist Prinz Williams Großmutter Queen Elizabeth II. Die zur Verfügung stehenden eineinhalb Stunden reichen in den Augen des Maori-Königs nicht aus, um dem Prinzen standesgemäß zu würdigen. König Tuheitia hat zwar in Neuseeland keine rechtlichen Befugnisse. Allerdings ist sein Status ist von großer symbolischer Bedeutung.
Geschichte
Die Maori sind die Ureinwohner Neuseelands. Vermutlich im 13. Jahrhundert wurde die Insel in mehreren Wellen vor allem von Polynesien aus besiedelt. Sich selbst bezeichnen sie häufig als „Tangata whenua“, was übersetzt „Menschen des Landes“ bedeutet. So betonen sie ihre Verbundenheit mit ihrem Land. Den ersten Kontakt mit Europäern hatten die Maori 1642 in Gestalt des niederländischen Seefahrers Abel Tasman, der als erster Weißer neuseeländischen Boden betrat. Europäische Siedler, vor allem Briten, folgten und brachten unter anderem auch Waffen und diverse Krankheiten mit. Verschiedene Maoristämme bekriegten sich untereinander bei den sogenannten Musketenkriegen. Aber auch die Siedler kämpften mit Unterstützung britischer Soldaten gegen die Maori.
Die Folgen dieser Neuseelandkriege waren übergreifende Enteignungswellen. Zwar hat sich die britische Krone inzwischen für diese Politik entschuldigt und die Menschen entschädigt, aber mit den Enteignungen begann der soziale Abstieg der Maori, der noch bis heute Auswirkungen hat. Der Großteil der gut eine halbe Million Menschen umfassenden Gruppe der Maori sind in der Regel schlecht ausgebildet, damit auch schlechter bezahlt und auch die Lebenserwartung ist niedriger.
Sprache
Nach dem zweiten Weltkrieg drohte die ursprüngliche Alltags-Sprache der Maori „Te Reo Māori“ verloren zu gehen. Massive Bemühungen zum Gegensteuern wurden unternommen: Seit den 1970er Jahren unterrichten deshalb viele Kindergärten und Schulen die Kultur und Sprache der Maori. Im Jahr 2004 startete Māori Television, der seine Sendungen möglichst in Maori ausstrahlt, wenn auch mit englischen Untertiteln. Heute ist Te Reo Māori Amtssprache. Aber nur ein Teil der Bevölkerung spricht diese. Aus diesem Grund sind beispielsweise auch die offiziellen Webseiten in der Regel zweisprachig.
Religion und Mythologie
Die Religion der Maori ist animistisch: Alle Naturwesen, auch Steine, sind von Geistern oder Göttern beseelt und haben eine spirituelle Kraft. Die kosmologische Ursprungsgeschichte beginnt üblicherweise mit dem göttlichen Elternpaar Rangi und Papa, Vater Himmel und Mutter Erde symbolisieren. Die Vereinigung dieses himmlischen Paars brachte die Götter und alle Lebewesen der Erde hervor. Die bekannteste Mythengestalt ist jedoch der Halbgott Maui, welcher für den Lauf der Sonne verantwortlich ist. Zentrales Thema ist immer die Ahnenverehrung.
Kunst, Kultur und Riten
Ganze Stammbäume wurden gesanglich oder auch in Gedichten und Erzählungen von Generation zu Generation weitergegeben. Durch die zentrale Stellung der Ahnenverehrung ist das Hauptthema der Kunstwerke Tiki – eine Menschengestalt, die die Stammesahnen und göttlichen Wesen darstellt. Das geschnitzte Versammlungshaus galt als Zeichen für die Wichtigkeit des Dorfes. Ganze Ahnengalerien, deren Taten und das gesamte Weltbild wurden hier in Schnitzereien verewigt. Auch an Waffen, Musikinstrumenten, Kanus und Kriegsschiffen findet man imposante Schnitzereien, die meist rot, in der heiligen Farbe, angemalt wurden.
Moko
Die Maori sind bekannt für ihre Tätowierungen, auch Moko genannt. Die spiralförmigen Muster sind bei jedem Maori individuell gestaltet. Dabei wurden von Tatauiermeistern, in oft mehrjähriger schrittweiser Arbeit, Rußpartikel oder eine Raupenpilzart unter die Hautoberfläche gestochen bzw. geschabt. Die Tätowierung diente als Statussymbol und war bei Männern und Frauen unterschiedlich. Bei Männern waren das ganze Gesicht, das Gesäß und die Oberschenkel tatauiert, bei Frauen lediglich Kinn und Lippen. Eine Art Code ließ genauere Aussagen zu Herkunft und Rang zu. Die Motive findet man heute weit über die Grenzen Neuseelands hinaus.
Haka
Haka ist ein Überbegriff für alle Arten von Maori-Tänzen. Dabei drückt das Zusammenspiel von Händen, Armen, Beinen, Füßen, Stimmen, Augen, Zunge und dem Körper als Ganzes verschiedene Gefühle wie Ärger, Wut oder Freude aus. Die Kriegstänze beispielweise sind furchterregende Schauspiele um dem Gegner Angst einzuflößen. Dabei werden die Augen aufgerissen und gerollt und die Zunge herausgestreckt. Häufig wird dabei auch hoch gesprungen um physische Überlegenheit auszudrücken. Toll kann man das bei Spielen der neuseeländischen Rugbymannschaft beobachten.
Hongi
Hongi heißt übersetzt „riechen, schnüffeln“ und ist ein traditionelles Begrüßungsritual der Maori, das auch heute noch weit verbreitet ist. Diese Art der Begrüßung, den Atem auszutauschen, geht der Überlieferung nach auf Tane, den Gott des Waldes und der Vögel zurück, der den Menschen den ersten Atem eingehaucht haben soll. Es gibt geringfügige Unterschiede, aber allen ist gemein, dass Stirn und Nase aneinander gedrückt werden um den Atem des jeweilig anderen zu spüren. Für die Maori wird der Begrüßte damit ebenfalls zum tangata whenua.