Die Kunst der Chiromantie
Chiromantie und Chirologie (von griechisch chiro: Hand; logie: Wissenschaft) sind uralte, aber auch heute noch lebendige Lehren, die bis ins 18. Jahrhundert hinein an europäischen Universitäten unterrichtet wurden.
Man versteht darunter die Kunst aus bzw. in den Händen zu lesen. Es geht dabei aber nicht nur um die Linien im Handinneren, sondern auch um die Form und die Hautfarbe. Man unterscheidet dabei zwischen Chirologie und Chiromantie:
Erstere widmet sich der Größe, Form und dem äußerem Erscheinungsbild der Hand und findet darin Anhaltspunkte für bestimmte Charaktermerkmale und das persönliche Potenzial. Letztere hingegen analysiert die Linien und so genannten „Berge“ der Hand, woraus sich angeblich das Schicksal eines Menschen ablesen lässt.
Lange Zeit wurden Handleser und ihre Kunden eher belächelt und nicht ernst genommen. Häufig sind sie auch heute noch auf Jahrmärkten und Mittelaltermärkten zu finden. In den Augen vieler ist die Kunst der Chiromantie daher eher unseriös.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Chiromantie ist eine sehr alte Wissenschaft. Viele Völker des Altertums übten sie aus: die Chinesen, die Assyrer, die Ägypter und die Hebräer. Über Kleinasien und Griechenland kam die Handlesekunst in den Westen und wird hier schon seit Jahrhunderten ausgeübt. In der Antike hatte die Chiromantie den Status einer Geheimwissenschaft.
Warum die Hand?
Neben dem Gesicht ist sie der am individuellsten ausgeprägte Körperteil am Menschen. 1448 veröffentlichte Dr. Johannes Hartlieb in Augsburg “Die Kunst der Chiromantia”. Agrippa von Nettesheim und Robert Fludd sahen im 16. Jahrhundert die Hand als Abbild des Kosmos. Im Zeitalter der Aufklärung wurde die Chiromantie jedoch ins Abseits gedrängt und zählt seither zu den Parawissenschaften.
1985 wurden bei Sotheby´s in London ein Teil einer interessanten Sammlung versteigert: Die Berlinerin Chiromantin Marianne Raschig, die in den Händen einen Spiegel seelischer und physischer Eigenschaften sah, nahm zwischen 1924 und 1935 vielen Prominenten wie Albert Einstein, Hans Albers, Igor Strawinski und Theodor Heuss Handabdrücke ab.
Insgesamt rückte sie 2500 Händen mit Druckerschwärze und Papier zu Leibe. Bedeutende Chirologen des 20. Jahrhunderts sind Charlotte Wolff und Noel Jaquin.
Wie funktioniert das Handlesen?
Gelesen wird zunächst aus der aktiven Hand: Als Rechtshänder aus der rechten, als Linkshänder aus der linken Hand. In der Handfläche befinden sich Linien. Einige davon verändern sich im Laufe des Lebens, andere nicht.
Es wird aber nicht nur auf die Position und die Ausrichtung der Linien, sondern auch auf deren Tiefe, Verlauf und eventuelle Abzweigungen geachtet. Fast alle Menschen haben in ihren Händen die drei Hauptlinien: Lebenslinie, Kopflinie und Herzlinie. Nebenlinien sind beispielsweise die Schicksalslinie, die Sonnenlinie, die Magenlinie und der Venusgürtel.
Sind auch medizinische Rückschlüsse möglich?
Nicht nur Rückschlüsse auf Charaktereigenschaften und Eigenarten sind möglich, sondern es lassen sich auch Krankheitsneigungen in den Handlinien erkennen. Beispielsweise kann Kaliummangel Depressionen verursachen. Bestimmte Verkettungen in der Kopflinie sollen ein Anzeichen dafür sein. Auch Herzerkrankungen und andere Anomalien können heute aus den Händen bzw. anhand eines Fingerabdrucks gelesen werden.
Eine große Verantwortung
Handleser tragen wie auch Hellseher, Hypnotiseure oder psychologische Berater eine große Verantwortung. Gerade verzweifelte Kunden setzen große Hoffnung in sie. Aber trotz anders lautender Gerüchte können in der Regel keine Lottozahlen oder der Zeitpunkt des Todes aus den Händen gelesen werden und auch Liebesglück oder plötzlicher Geldsegen kündigt sich kaum je in den Händen an.