Die Feigenhand als Glückssymbol
Die Bedeutung von bestimmten Gesten ist kulturell gebunden und damit zwischen Völkern und auch in unterschiedlichen Epochen sehr verschieden. Dies gilt zum Beispiel auch für die sogenannte „Feigenhand“, bei der die Spitze des Daumens in einer geschlossenen Faust zwischen Zeige- und Mittelfinger hervorschaut.
In der Antike galten Feigen (lat. ficus) und Trauben als Symbole für den griechischen Fruchtbarkeits- und Weingott Dionysos (Bacchus). So wurde die Feigenhand im antiken Rom zu einem beliebten Zeichen für Glück und Fruchtbarkeit. Als Amulett soll die Feigenhand vor bösem Zauber schützen. In Brasilien und Portugal ist die Feigenhand auch heute noch ein sehr verbreitetes Glückssymbol.
Während die Feigenhand in West- und Mitteleuropa vorwiegend als obszöne Geste und unangebrachte sexuelle Anspielung verstanden wird, verstand man gerade diese Zusammenhang im antiken Rom anders. Was vermutlich daran liegt, dass hier die sexuelle Anspielung gesehen und positiv verstanden wurde. Das Verhältnis zur Sexualität und Fruchtbarkeit war damals ein anderes. Sie sahen in ihr primär einen Ausdruck der Lebenskraft und -freude. Daher waren für sie Hinweise in dieser Richtung immer positiv besetzt.
Gemmen als Feigenhand
Gemmen (bearbeitete Schmucksteine) aus verschiedenen Materialien wie etwa dem schwarzen „Witwenstein“ Gagat greifen oft Motive wie die Feigenhand auf. Meist werden dabei noch andere edle oder halbedle Steine verarbeitet. Den so entstehenden Schmuckstücken wird Zauberkraft nachgesagt. Sie können z.B. den bösen Blick bannen oder ganz allgemein ihren Trägerinnen oder Trägern Glück bringen. Auch von den Germanen wird gesagt, dass sie die Geste der Feigenhand als eine Form des Schutz- oder Glückssegens betrachteten.
Die negative Deutung der Geste bei uns lässt sich auch schon daran erkennen, dass die Feigenhand auch als „Neidfeige“ bezeichnet und so nach christlichem Verständnis mit einer Todsünde in Verbindung gebracht wird. Sie dient auch bei uns dazu, andere abzuwehren, allerdings nicht in einem magischen Verständnis. Sie wird als (durchaus vulgäres) Zeichen der Ablehnung benutzt. Eine grundsätzlich ablehnenden Geste ist sie auch im slawischen Raum. Hier allerdings haftet ihr nichts Negatives an. Sie bedeutet nur ein ganz klares und völlig neutrales „Nein“, das eine entsprechende verbale Aussage unterstützen und verstärken kann.