Narziss und Echo

Narziss und Echo

Wie in vielen griechischen Mythen geht es auch bei der Sage um den schönen Narziss und die Nymphe Echo um ganz große Gefühle. Es geht um Liebe, Stolz und tiefen Schmerz, der die Hauptdarsteller schließlich in den Tod treiben wird. Auch in der heutigen Selbstdarstellungsgesellschaft können die dargestellten Werte und die Moral dieses Mythos im alltäglichen Leben Anwendung finden. Tauchen Sie also mit uns ein in die dramatische Erzählung und vielleicht lernt der Eine oder Andere sogar etwas daraus.

Wie alles begann – Die Nymphe Echo

Am Berg Helikon, nahe der Stadt Thespiai, lebte eine Bergnymphe mit dem Namen Echo. Sie stammte direkt von der Urgöttin Gaia ab, welche in der Mythologie sowohl die Rolle der Mutter und Ernährerin, als auch der Todesgöttin inne hatte. Die Oreaden, wie die Bergnymphen auch genannt wurden, waren wie alle Naturwesen scheu und verbargen sich meist vor dem Auge des Betrachters. Nymphen wurden im alten Griechenland als gutmütige Naturgeister von zwar göttlichem Wesen, aber dennoch niedrigem Stand in der Götterhierarchie betrachtet. Die Wesen waren sterblich wie die Menschen, jedoch führten sie meist ein sehr langes Leben in nahezu ewiger Jugend. Der außerordentlichen Schönheit der Nymphen und seinen amourösen Gelüsten geschuldet, vergnügte sich der Gott Zeus des Öfteren mit den anmutigen Wesen auf den Berggipfeln und um seine Göttergattin Hera in Sicherheit zu wiegen, wurde Echo zu ihr geschickt, um sie mit langen Gesprächen und dem Erzählen von Geschichten abzulenken. Eines Tages jedoch kam die Göttin dahinter und entdeckte den Komplott. Tief gekränkt und erzürnt strafte sie Echo, indem sie ihr die Fähigkeit zu sprechen nahm und es ihr von da an nur noch möglich war, die letzten an die Nymphe gerichteten Worte zu wiederholen.

Der Nabel der Welt – Narziss

Die zweite Hauptfigur des hier vorgestellten Mythos wurde als Sohn des Flussgottes Kephissos und der Nymphe Leiriope ebenfalls im Schatten des Berges Helikon geboren und hörte auf den Namen Narziss. Schon der Beginn seines Lebens war dramatisch, denn sein Vater hatte sich seiner Mutter wider Willen bemächtigt und war dafür von Poseidon, dem Gott des Meeres, unter die Erde verbannt worden. Auch nach seiner Geburt wurde es nicht weniger heikel: Der blinde Seher Teiresias prophezeite dem Kind ein langes Leben, jedoch unter der Voraussetzung, sollte Narziss sich „nicht selbst erkennen“. Im alten Griechenland galt was Teiresias vorhersagte als Gesetz und er genoss ein hohes Ansehen. So begab es sich, dass Narziss’ Mutter ihn umsorgte und ihm jeden Wunsch von den Augen ablas, aus Angst vor der über dem Jüngling schwebenden Prophezeiung. Da Narziss nicht nur ein von seiner Mutter verwöhnt wurde, sondern auch von unglaublicher Schönheit war, wurde er immer selbstsüchtiger und arroganter. In Scharen liefen ihm Verehrer und Verehrerinnen hinterher, doch er wies sie alle eiskalt zurück. Sein falscher Stolz gipfelte schließlich darin, dass er einem besonders hoffnungslos Verliebtem – namentlich Ameinios – ein Schwert zukommen lies, mit welchem dieser sich auch schließlich das Leben nahm. Bevor er jedoch seiner Verletzung erlag, rief er die Götter an, seinen Tod und seine Schmach zu rächen.

Echo und Narziss – eine tragische Liebe

Auch die Bergnymphe Echo hatte sich unsterblich in Narziss verliebt, als sie ihn am Ufer des Flusses hatte Spielen sehen. Unfähig jedoch, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, beochachtete sie ihn stets aus der Ferne. Eines Tages jedoch hielt sie es nicht länger aus und folgte ihm, als er zur Jadg in den Wald ging. Als der Jüngling bemerkte, dass er verfolgt wurde, rief er ins Dickicht: „Ist jemand hier?“ Mit dem Fluch der Hera gestraft antwortete die Nymphe „Hier, hier!“ und traute sich dennoch nicht aus ihrem Versteck hervor. Narziss, der seine Verfolgerin sehen wollte, blickte umher und befahl ihr „Komm!“, doch das Einzige, was er erhielt war ihre Antwort: „Komm, komm!“ Etwas verärgert fragte er nun „Warum meidest du mich?“, doch die arme Nymphe konnte wieder nur mit einer Frage antworten und es erklang „Meidest du mich, meidest du mich?“ aus dem grünen Unterholz. Narziss startete einen letzten Versuch und bat sie mit einem „Lass uns hier zusammenkommen!“, zu ihm auf die Lichtung zu treten. Echo sah sich endlich in den Armen ihres Geliebten und trat mit ausgestreckten Armen und einem glücklichen „Hier zusammenkommen!“ aus ihrem Versteck. Als der eingebildete Narziss sie jedoch sah, verschmähte er sie und brach somit ihr reines Herz. Gekränkt und verletzt zog Echo sich in eine Höhle unter dem Berg zurück und ward nicht mehr gesehen. Da sie nicht mehr trank und aß, schwand sie immer mehr dahin, bis nur noch ihre versteinerten Knochen und ihre Stimme übrig waren, die bis in die Ewigkeit dazu verdammt war, durch die Winde zu hallen.

Das Ende des Schönlings

Als Nemesis, die Göttin des gerechten Zornes und der Rache dies sah, erhörte sie auch die Bitten des dahingeschiedenen Ameinios und belegte Narziss mit einem Fluch, der ihm eine unstillbare Selbstliebe bringen sollte. Als der Schönling sich also eines Tages an einer Wasserquelle erfrischen wollte und in sein eigenes Spiegelbild sah, verliebte er sich unsterblich in das Abbild. Die Prophezeiung des Seher sollte sich erfüllen, denn der Liebeskranke weilte Tag und Nacht am Ufer des Wassers und verschmachtete schließlich mit gebrochenem Herzen an jenem Ort. Anstatt seines toten Körpers fanden die Dryaden, wie die Baumnymphen auch genannt werden, am nächsten Morgen eine wunderschöne Blume, die von da an den Namen Narzisse tragen würde.

Die Moral von der Geschichte

Was kannst Du nun aus dieser alten Sage für Dein heutiges Leben mitnehmen? Haast Du für Dich selbst entdeckt, dass Du vielleicht an der einen oder anderen Stelle einmal schroff mit Deinem Gegenüber umgegangen bist und weder die Person, noch deren Gefühl respektiert und wertgeschätzt hast? Wo beginnt Selbstliebe und wo mündet sie in den nach diesem Mythos benannten Narzissmus? Wo muss eine Grenze gezogen werden zwischen Selbstfürsorge und Arroganz? Nun, auf diese Fragen musst Du selbst eine Antwort finden.

 

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