Eine kurze Geschichte des Weihnachtsfestes
Vor zwei Jahren hatte der Verfasser dieser Zeilen das Vergnügen, das Weihnachtsfest auf den kanarischen Inseln zu erleben. Es war ein seltsames Gefühl: sommerliche Temperaturen, Palmen, Sandstrände und dazwischen weihnachtliches Glöckchenklingeln, geschmückte Tannenbäume in den.
Das Ganze fühlte sich fremd an, und doch sind es die Einheimischen von Geburt an gewohnt. Das brachte mich dazu, über mein Empfinden von Weihnachten nachzudenken. Was fühlen wir, wenn wir diesen Begriff hören, was taucht vor unserem inneren Auge auf? Richtig: Schnee, Tannen, Lametta. Ist Weihnachten demnach nichts weiter als eine erlernte Gewohnheit?
Die Ursprünge des Festes
Die Ursprünge des höchsten Festes der Christenheit liegen im alten Rom, bei den Kelten und den Germanen – unseren europäischen Vorfahren also. Wobei das Datum oft variierte, denn man war sich ganz und gar nicht einig über den Geburtstag des Nazareners. Zumal es für lange Zeit in der christlichen Liturgie sehr viel bedeutender war, die Auferstehung Christi zu feiern, also Ostern. Weihnachten war kein bedeutendes Fest. Das war es aber in der heidnischen Kultur: denn hier wurde schon lange die Sonnenwende gefeiert. Und der 24. Dezember ist der erste Abend im Winter, ab welchem die Tage wieder länger werden.
Im alten Rom wurde das Fest des “Sol Invictus” also des Sonnengottes gefeiert. Und da man in Jesus Christus, das “Licht der Welt”, die “Sonne des Christentums” sah, wurde das Fest einfach praktischerweise adaptiert. Man darf dabei nie vergessen, dass unser Christentum in jenen Zeiten eine sehr junge Religion war, noch nicht viel mehr als eine neue jüdische Sekte, die über entsprechend wenig eigene Traditionen verfügte, und daher auf die Übernahme vorhandener Riten aus dem jeweiligen kulturellen Umfeld angewiesen war. Das machte sie für die herrschende Staatsmacht in Rom ja auch so interessant. Aus dem germanischen “Julfest”, welches im Dezember gefeiert wurde, machte man also das Weihnachtsfest.
Das Wort Weihnachten leitet sich ab von der mittelhochdeutschen Wendung (ze den) wîhen nahten (“(in den) heiligen Nächten”), also von einem Dativ Plural, und ist erstmals aus den Jahren um 1170 literarisch belegt. Der Spruchdichter Spervogel sagte, dass Christus ze wihen naht geborn wart. Zur Mitte der Weihnächte, nämlich zu Silvester, sollte Wotan mit den Toten zur wilden Jagd aufbrechen. Daher auch der Brauch, zu Silvester Lärm zu erzeugen.
Die indogermanischen Kelten feierten diesen Brauch zu Samhain, der Nacht, in welcher die Toten ins Schattenreich gehen, was dann in der Neuzeit zum verkitschten Halloween avancierte. Wotan, oder auch Odin oder Donar war nicht nur oberste Gottheit der Germanen, sondern auch der Weltenwanderer, der es verstand, sich zu verwandeln. In der Mythologie verwandelte er sich u.a. in eine Fichte; daher ist die Fichte Symbol bei heidnischen Julfeiern. Die Kirche feierte die Geburt Jesus übrigens nicht immer zu Weihnachten.
Es gab im Verlauf der Kirchengeschichte verschiedene Doktrinen, eine davon hielt an der Geburt Jesu im März fest. Die Tradition in Deutschland, das Fest bereits am Vorabend zu begehen, nämlich am 24. Dezember, stammt auch aus dem alten Rom: hier wurden die Vigilien (Nachtwachen) auch stets am Vorabend begonnen und eingeleitet. Der Rest der Welt feiert einen Tag später. Das Fest, wie wir es kennen, ist sehr viel jünger, genau genommen stammt es erst aus dem späten 19. Jahrhundert und wurde vor allem durch den englischen Romancier Charles Dickens propagiert (A Christmas Song -Weihnachtslied), der in seiner Dichtung von der wundersamen Wandlung des hartherzigen Ebenezer Scrooge zu einem Wohltäter berichtet.
Das mittelalterliche Weihnachtsfest konzentrierte sich noch auf die rein kirchlichen Liturgien, weniger auf die familiäre Feier, wie wir sie heute kennen. Und an Konsum war in jenen harten pestversuchten Zeiten ohnehin nicht zu denken. Weihnachten ist vor allem ein Fest des Überflusses, welches erst im Laufe der Industrialisierung und der Standardisierung diese Bedeutung erlangen konnte.
Die Figur des Weihnachtsmannes geht auf den Bischof Nikolaus zurück. Nikolaus von Myra war ein Bischof im 4. Jahrhundert, der Kern zahlreicher Legendenbildungen war. Unter anderem wird er als Schutzpatron der Kinder verehrt. Aus der Bischofsgestalt mit dem wallenden roten Gewand und dem damals obligaten weissen Bart wurde in Holland die Figur des Sinta Claas, den holländische Einwanderer dann nach New York transferierten, wo er zum Santa Claus avancierte – und langsam seine bekannte Form annahm.
Daher wollen wir jetzt auch ein für alle mal mit der Legende aufräumen, die Limonadenfirma Coca Cola hätte den Weihnachtsmann erfunden. Denn erst in den zwanziger Jahren begann der heute übliche rot-weiße Weihnachtsmanndress über die anderen Farben zu dominieren, die er vorher gehabt hatte. Am 27. November 1927 schrieb die New York Times: “Ein standardisierter Santa Claus erscheint den New Yorker Kindern. Größe, Gewicht, Statur sind ebenso vereinheitlicht wie das rote Gewand, die Mütze und der weiße Bart.”
Von Coca-Cola bis heute
Und erst im Jahre 1931 erschien dann die erste Coca-Cola-Anzeige mit dem rot-weißen Weihnachtsmann, entworfen von dem Grafiker Haddon Sundblom. Der Rest ist geschicktes Marketing, denn dem Brausemulti war es ganz recht, dass man dieses übermachtige Symbol fortan mit dem süssen Erfrischungsgetränk in Verbindung brachte. Was ist also Weihnachten – neben Lebkuchen, Kandiszucker, Zuckerschnee und Plätzchen?
In unseren Zeiten leider zu einem gigantischen und völlig verkitschten Konsumfest verkommen, welches den Einzelhandel als feste Größe schon ab der Mitte des Jahres beschäftigt und vielen Existenzen überhaupt eine gewisse Sicherheit garantiert? Zumindest seit dem 19 Jahrhundert ist Weihnachten ein Familienfest, ein Zeitpunkt im Jahr – und durchaus sinniger Weise am Ende desselben angesiedelt – welches uns immer wieder aufs neue auf unseren Ursprung zurückführen soll. Im Zentrum des Festes steht die Gemeinschaft. Hier haben wir Gelegenheit uns derer zu erinnern, die uns eigentlich das ganze Jahr hindurch begleiten sollten. Unsere Verwandten und Geschwister und unsere Eltern und Grosseltern. Unsere Familie eben. Und das gilt auch für die Vistano-Familie. Deshalb feiern wir auch hier. Mit allem Kitsch, der nun mal dazu gehört. Und ob wir uns dabei unter Palmen dem Meeresrauschen hingeben oder bei Schneefall und knirschenden Schritten ein munteres deutsches Liedlein summen, spielt dabei keine Rolle, denn es ist der Geist der Weihnacht, der zählt. Ich wünsche allen Lesern ein frohes Fest!