Die sechs befreienden Handlungen des Buddhismus
Die sechs befreienden Handlungen, auch Paramitas genannt, bezeichnen diese Grundsätze für das Verhalten im Buddhismus, also praktische Ratschläge für das Zusammenleben und den Alltag, wie sie der Legende nach von Buddha übermittelt wurden. Zu ihnen zählen Großzügigkeit, eine ehrenwerte Lebensführung, Geduld, nicht widerstrebende Anstrengung, Meditation und Weisheit. Im Buddhismus sind diese Tugenden nicht nur an sich ethisch wertvoll oder hilfreich für ein harmonisches Zusammenleben, sondern vermeiden das Entstehen von Karma und, bzw. kreieren gutes Karma.
Warum wir den Buddhismus lieben
Nach Buddha und seinen Nachfolgern und den vielen Millionen Menschen, die heute in der buddhistischen Tradition stehen und versuchen nach ihr zu leben ist das gesamte Leben eine Illusion, alle Existenz nur ein vorübergehendes Phänomen mit dem man in seiner Ignoranz identifiziert ist und es deshalb für real hält. In Wirklichkeit ist alles das Nirvana, das Nichts, die Auslöschung allen Werdens und Vergehens, die vollkommene Auflösung des Individuums und Bewusstseins, ohne dass es immer Leiden geben wird. Der Legende nach setzte sich Gautama Siddhartha einst unter einen Baum mit der Absicht, erst wieder aufzustehen, wenn er die Lösung für das Leid gefunden und die vollkommene Erleuchtung erreicht hätte.
Der Rest ist nicht nur bei Hermann Hesse Geschichte. Die Lehre, die er nach der Erfahrung des eben beschriebenen Nirvanas verbreitete, war sehr stark auf positive Handlungen, eben jene befreiten Handlungen ausgerichtet – und kam zumal ohne Gott aus, weshalb diese Philosophie für uns im Westen recht leicht annehmbar erscheint. Denn im Grunde ist diese Philosophie unserem materialistischen Nihilismus sehr ähnlich.
Gerade in der Hirnforschung zeigt sich im Moment eine ähnlich reduktionistische Menschensicht, die mit dem Buddhismus in vielerlei Hinsicht konform geht. So sind nach einer populären Meinung all unsere Hirnaktivitäten nur das Instrument der Natur, uns diese Illusion des individuellen Bewusstseins vorzugaukeln, um uns aus evolutionärer Perspektive funktionsfähig zu machen. Neben dieser Überlappung der Weltsichten macht uns auch unsere christliche Tradition sehr offen für den Buddhismus. Zum Beispiel die acht befreienden Handlungen des Buddhismus sind gut mit unseren christlichen Werten vereinbar, da sie viele der Ideale, die Jesus Christus anscheinend lehrte, beinhalten.
Der Zweck der befreienden Handlung
Was wir jedoch oft vergessen ist, dass all diese Handlungen letztendlich nur darauf ausgerichtet sind, dieses individuelle Bewusstsein auszulöschen und in Nirvana einzugehen und die gute Tat am anderen nur als ein Mittel zum Zweck dient, das im Weg stehende Karma abzubauen. Das erklärt die tiefere Bedeutung der „Befreiung“, zu der die Handlungen dienen sollen. Sie dienen natürlich als Befreiung vom Leid, jedoch das eher indirekt durch die gute oder barmherzigen Tat, sondern auf Grund des nirwanischen Zustandes, der auf Grund der Handlung erreicht werden kann und den Handelnden selbst von jedem Leid befreit. So sind die ersten beiden Handlungen der Großzügigkeit und des ethischen Verhaltens darauf ausgelegt, kein weiteres bindendes Karma zu kreieren, das die Auflösung im Nirwana verhindern könnte und den Menschen an sein Ego bindet.
Die weiteren vier – Gleichmut, Enthusiasmus, Schulung der Achtsamkeit, und Weisheit – beziehen sich bereits stärker auf innere, psychische Prozesse, wobei auch Interpretationen der ersten beiden als innere Disziplin und Hingabe an den Prozess der Befreiung vom Ego angesehen werden könnten. Verleiht der sich nach der Auslöschung des Egos Sehnende seinem Bewusstsein diese Eigenschaften, kann er das Nirvana erreichen, da er sich vollkommen dem Prozess hingibt, ihn ohne Ablenkungen und Unterbrechungen vollführt, geduldig jeden Rückfall im Bewusstsein überwindet, den Mut und die Hoffnung auf die Erreichung des Ziels nicht verliert und zu Guter letzt durch diese Voraussetzungen sein Bewusstsein immer stärker auf das Nirvana ausrichtet und letzten Endes in ihm in der Erkenntnis seiner Natur aufgeht. Somit sind diese „befreienden Handlungen“ aus Perspektive des Buddhismus tatsächlich innere Handlungen im Bewusstsein, die zwar auch im Äußeren ihre Entsprechung finden können, jedoch in der vermeintlich positiven Handlung im Außen nicht ihr Ziel verfolgen. Dies ist eine weitere Verzerrung der Lehren des fernen Ostens durch das auf das Äußere und die materielle Welt fokussierte Bewusstseins der Menschen im Westen.