Die Sage um Ödipus (2/3)

Die Sage um Ödipus (2/3)

Kreon und Ödipus – Das Schicksal nimmt seinen Lauf

Als Ödipus nun von Delphi aufbrach, um seinen Plan in die Tat umzusetzen, begegnete er auf einer engen Weggabelung in den Bergen einem anderen Wagen. Der fremde Fahrer wies ihn an, ihm Platz zu machen, doch da der unerfahrene Ödipus nicht schnell genug reagieren konnte, tötete der Fremde eines seiner Pferde. Das erzürnte den jungen Mann so sehr, dass er nicht nur den Fremden, sondern auch dessen Passagier tötete, einen alten Mann – was er nicht wusste war, dass es sich dabei um König Laios von Theben handelte. Wer nun gut aufgepasst hat, wird erkennen: Soeben hatte Ödipus den ersten Teil der grausamen Prophezeiung erfüllt, indem er – unwissentlich! – seinen leiblichen Vater erschlagen hatte.

Immer noch fest entschlossen, seinem Schicksal zu entkommen, setzte Ödipus nach diesem Zwischenfall seinen Weg nach Theben fort. Vor den Toren der Stadt begegnete er der dort lebenden Sphinx, die seit Jahren die Stadt terrorisierte. Sie machte sich einen Spaß daraus, vorbeikommenden Reisenden ein Rätsel zu stellen und alle, die die Antwort nicht wussten, bei lebendigem Leibe zu verschlingen. Da mittlerweile die Kunde in der Stadt ging, dass König Laios erschlagen worden war, hatte Kreon – der Bruder der Königin Iokaste – dessen Platz eingenommen.

Die Bewohner der Stadt fürchteten und hassten die Sphinx so sehr, dass er demjenigen, der ihr Rätsel lösen und sie vertreiben konnte, den Thron und seine verwitwete Schwester zur Frau überlassen würde. Zurück zu Ödipus, der nun vor dem Ungetüm stand und das folgende Rätsel erhielt: „Was läuft auf vier Beinen am Morgen, auf zweien am Mittag und auf dreien am Abend?“ Glücklicherweise war der junge Mann ein heller Kopf und so hatte er schnell die Antwort parat: „Der Mensch, denn als Kind krabbelt er auf allen Vieren, als Erwachsener läuft er auf zwei Beinen und als Greis benötigt er einen Gehstock.“ Die Sphinx konnte nicht glauben, dass jemand ihr Rätsel erraten hatte und stürzte sich in die Fluten des Meeres, um darin umzukommen. Als Ödipus nun die Stadt betrat, wurde er als Held gefeiert und ihm wurden der versprochene Thron und die versprochene Iokaste zur Gemahlin gegeben. Auch hier kann der aufmerksame Leser erkennen: Nun hatte der Unglückselige ohne es zu wissen auch den zweiten Teil der Prophezeiung erfüllt und seine leibliche Mutter zur Frau genommen.

Iokaste und Ödipus – Eine heile Welt

Das neue Herrscherpaar von Theben führte viele Jahre lang eine glückliche Ehe und sie hatten zusammen vier Kinder – das Zwillingspaar Eteokles und Polyneikes und die Töchter Antigone und Ismene. Auch das Volk von Theben war stets zufrieden mit seinem intelligenten und milden Regenten, bis es in einem düsteren Jahr plötzlich von einer Plage heimgesucht wurde. Die Unfruchtbarkeit war über die Stadt gekommen und ließ nicht nur die Felder, sondern auch die Kinderbetten leer stehen. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schickte Ödipus seinen Schwager Kreon zum Orakel von Delphi. Das Orakel ließ ihm schließlich ausrichten, dass der Mörder des alten König Laios gefunden und entweder getötet oder aus der Stadt vertrieben werden müsse, um den Bann zu brechen. Da jedoch niemand den Mord beobachtet hatte und somit Auskunft über die Identität des Täters hätte geben können, lies Ödipus den Seher Teiresias kommen.

 

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