Napoleons Orakel: Mlle. Lenormand

Napoleons Orakel: Mlle. Lenormand

Stille Anerkennung & heimliche Hochachtung

Wutentbrannt stürzte Napoleon aus dem Salon in der Rue de Tournon in Paris. Ungeheuerlich! Wie konnte sie es wagen dem großen Bonaparte ein Misslingen seiner kriegerischen Aktivitäten mit auf den Weg zu geben? Ein Misslingen! Ihm! Er hatte es ja schon immer gesagt: Wahrsagen taugt für gelangweilte Damen, welche sich am Hofe die Zeit mit solchen Orakeln vertrieben. Er würde SIE in den Kerker werfen lassen.

Seine Gattin Josephine war an allem Schuld. Wie magisch angezogen, suchte sie stets ihre Nähe, die Nähe der wohl berühmtesten Kartendeuterin aller Zeiten: Mlle. Marie Anne Adelaide Le Normand (1772 – 1843) In der Tat war es Napoleon, der die „Sybille von Paris“ in regelmäßigen Abständen aufsuchte. Nur: Ihre Kaiserliche Hoheit duldete ausschließlich positive Aussagen oder Bestätigung seiner politischen Pläne. Alles andere war nicht akzeptabel und wenn er gar zu ärgerlich wurde, dann ließ er die Le Normand verhaften, abführen und verfrachtete sie hinter Schloss und Riegel, damit sie keinen weiteren Unfug anrichten konnte.

Reichte es nicht schon, dass die Lenormand Recht hatte mit der Weissagung, dass er und seine Gattin Josephine de Beauharnis eines Tages den Thron besteigen würden? Napoleon klopfte sich bei dieser Prognose auf die Schenkel vor Vergnügen, dabei sorgte er selbst für die Einhaltung dieser Aussage – er krönte sich, kurz vor „Nikolaus“ am 02.12.1804, selbst.

Und als er genug hatte von den Eskapaden der de Beauharnis und weil die Ehe kinderlos blieb, dachte er an Scheidung. Mlle. Lenormand erkannte dies in den Karten und berichtet es ihrer Freundin Josephine. Sie hätte es besser für sich behalten, denn die Kaiserin, voller Unmut, erzählte ihrem Gatten von seinen bis dahin nicht bekannten Absichten. Flugs landete die Lenormand abermals im staatlichen Verlies. Bei so viel Respektlosigkeit und Frechheit blieb ihm keine Wahl. Auch hier sprach die „Grand Dame“ der Kunst des Kartendeutens die Wahrheit – wie Geschichtsbücher heute beweisen.

In einem Benediktiner-Internat wurde sie erzogen und prophezeite der Oberin des Klosters, dass sie versetzt werden würde. Zu jenem Zeitpunkt saß Frau Oberin noch fest im Sattel der Abtei. Trotzdem kam die Versetzung für die Oberin völlig überraschend. Mariannes Werdegang zu Wahrsagerin war früh absehbar…. Als 14jähriges Mädchen ging sie bereits nach Paris, sie arbeitete als Schneiderin und studierte Sternendeutung. Sie las aus der Hand und legte die Eteilla-Karten. Schnell hatte sie Erfolg und eröffnete mit einer Kollegin einen Salon für Zukunftsdeutung – eine veraltete Form der heutigen Hotlines.

Dame im Gefängnis

Mehrmals landete die Dame hinter schwedischen Gardinen und zwar immer dann, wenn sie mehr wusste als Napoleon lieb war. Gerade deswegen wurde sie so populär, die Leute stürmten jedes mal den Salon, wenn sie wieder nach längerer Inhaftierung dort tätig war. Und immer wieder warnte sie ihn, so auch vor dem Russlandfeldzug. Wie so oft schenkte Napoleon seiner Prophetin keinen Glauben. Aber auch nach seiner Verbannung nach Korsika und Wiederkehr in sein geliebtes Frankreich suchte er die berühmte Wahrsagerin Mlle. Lenormand weiterhin auf, um ihren Prognosen zu lauschen.

Zu weiterem und späterem Ruhm kam sie jetzt im Zeitalter der Medien. Ihre selbst entworfenen Karten wurden knapp drei Jahrzehnten wiederentdeckt – nicht zuletzt durch das Internet. Viele Künstler nahmen das Thema auf und entwarfen zeitgemäße Motive. Die bekannteste Kreation ist hierbei die „Blaue Eule“ vom Urania-Verlag, Schweiz. Marianne Lenormand hat nie geheiratet und keine Kinder bekommen. Sie starb am 25. Juni 1843 als schwerreiche Frau an einer infizierten Wunde.

 

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