Aberglaube und Bräuche
Das bevorstehende Jahresende ist die Zeit, in der alle Arten von Glücksbringer Konjunktur haben. Mit Glücksschweinen, vierblättrigem Klee und Schornsteinfegern aus Marzipan versucht man, die Mächte des Schicksals für sich einzunehmen. Das neue Jahr soll ein gutes und erfolgreiches Jahr werden und jedes Mittel ist recht, dies zu ermöglichen. Dazu zählen selbst Dinge, die wir nicht mehr wirklich ernst nehmen und über deren Ursprünge die meisten Menschen kaum mehr etwas wissen.
Was aber bedeutet „Aberglaube“ genau? Und woher kommen bestimmte Vorstellungen über Glückssymbole? Der Begriff ABERglaube heißt so viel wie „Gegenglaube“ oder „Trotzglaube“. Es ist die christliche Sammelbezeichnung für alle Vorstellungen, die mit heidnischen, magischen Vorstellungen verbunden sind, dem christlichen Glauben zum Trotz. Dass Menschen auch nach der Christianisierung noch in der Not und „um sicher zu gehen“ auf nicht-christliche Vorstellungen zurückgegriffen haben, war kein Ausdruck des Unglaubens. Vielmehr spiegelte sich darin die Angst, sich dem Schicksal ausgeliefert zu sehen.
Sprache und ihre Bedeutung
Bis zur Reformation im 16. Jahrhundert wurden Gottesdienste nur in lateinischer Sprache gehalten. Die Kirche redete nicht wie das Volk und sie redete nicht mit dem Volk. Daher wandten sich auch fromme Menschen mitunter zurück an Vorstellungen, die ihnen vertrauter waren als unverständliche Predigten. Die Sprache war und ist für Menschen sehr bedeutend, gerade im Umgang mit unsichtbaren Mächten. Wenn wir einem anderen Menschen „Hals und Beinbruch“ wünschen, so meinen wir damit das Gegenteil: gutes Gelingen. Um jedoch finstere Mächte zu täuschen, die sein Vorhaben sabotieren könnten, tun wir es durch unsere Worte.
In Ungarn war es früher üblich, Neugeborene bis zur Taufe als „das kleine Hässliche“ zu bezeichnen. Das noch nicht getaufte Kind stand nach dem Verständnis der Menschen noch nicht unter Gottes Schutz. Hätten Dämonen erfahren, wie hübsch es war, hätten sie es rauben können. Alle Riten, die mit Krach Schlagen verbunden sind, dienen dazu, die für Lärm empfindlichen Dämonen zu vertreiben. Dies gilt schon für das dreimalige Klopfen auf Holz, um ein Vorhaben vor Schaden zu bewahren. Wesentlich mehr Aufwand muss bei wichtigeren Anlässen getrieben werden, etwa zur Jahreswende (Sylvesterböller und -feuerwerk) oder auch bei Eheschließungen (Polterabend). Daher bringen Scherben Glück: es ist nicht das gebrochene Porzellan, auf das es ankommt, sondern der dabei entstehende Lärm.
Jedes Glück der Menschen wird nach dem Aberglauben von üblen Mächten neidisch beäugt. Die bösen Geister warten nur darauf, es zu verhindern oder zu zerstören. Das gilt besonders für die Liebe zweier Menschen. So gibt es die Vorstellung, dass die Braut auf dem Weg zum Altar von bösen Mächten verfolgt wird. Dreht sie sich um und blickt ihnen ins Angesicht, ist es um ihr Glück geschehen.